Fachinformationsreise Japan


Kurzreferat im Rahmen des Auswertungsgesprächs am 2000-06-29 bei MOL/EHDO in Yokohama

Referat: Zusammenfassender Bericht der Studienreise

Kon-nichiwa. Gomen nasai; nihongo ga hanasemasen
(Guten Tag. Entschuldigen Sie bitte, dass ich kein japanisch spreche).
Daher werde ich nun in deutsch weiter reden. Ich freue mich, Ihnen als sehr hochrangige Vertreter Ihrer jeweiligen Organisationen meinen zusammenfassenden Bericht geben zu dürfen.

Die Zusammenfassung umfaßt folgende 7 Punkte

  1. Programm-Gestaltung
  2. Reiseleitung, Dolmetscher
  3. Inhalte
  4. Deutsch-japanisches IT-Seminar bei JAVADA
  5. Rahmenprogramm
  6. Transport, Hotels
  7. Fazit und Dank

Zu 1, Programm-Gestaltung:

Das Programm war gut ausgewogen und perfekt organisiert: wir haben 5 öffentliche Bildungsinstitutionen und 7 Betriebliche Berufsbildungsbereiche mit einem inhaltlich sehr breiten Aufgabenspektrum kennengelernt. Dadurch wurde es uns ermöglicht, einen guten Überblick über einen sehr breiten Bereich der Berufsbildungs-Landschaft Japans zu erhalten.

Wir haben auch interessante neue Entwicklungstendenzen kennengelernt: neue Lohn- und Gehaltsmodelle als Alternative zum traditionellen Entlohnungs- und Beschäftigungssystem (z.B. bei National Panasonic), neue DV Tools zur Unterstützung der Personalentwicklungs-Planung und -Steuerung (z.B. bei NEC und Fujitsu Learning Media), den Einsatz von satellitengestützem Fernunterricht im Ability Garden, job rotation-Systeme zur Verbreiterung von aktuellem technischen know how unter den Ausbildern der Polytechnic Centers (Advanced Polytechnic Center) usw., was bereits in den Vorberichten angesprochen worden ist.

Auch das Kulturprogramm ließ keine Wünsche offen - sowohl das für die beiden Wochenenden organisierte Kulturprogramm in Tokyo und Nara / Kyoto, der Rundgang durch Yokohama, als auch der Besuch des Friedensparks in Horoshima und der unvergeßliche Besuch der Insel Miyajima. Aber für uns Deutsche gab es eigentlich an jedem Tag „Kulturprogramm”: die Städte und Landschaften Japans, die Menschen auf den Straßen, in den Bahnen, in den Betrieben und Institutionen, das faszinierende japanische Essen, der Wahlkampf usw. Wir haben auch die letzten freien Minuten in unserem sehr dichten Programm genutzt, um noch mehr über die Kultur Japans kennenzulernen: Besuch des Kabuki-Theaters, frühmorgendlicher Gang zum größten Fischmarkt der Welt, Erkundung vieler Lokale, um möglichst die ganze Breite der japanischen Küche zu testen usw. Damit uns möglichst wenige dieser unendlich vielen kulturellen Eindrücke verloren gehen und damit wir unseren Angehörigen, Freunden und Arbeitskollegen möglichst viel von dieser japanischen Kultur erzählen und vermitteln können, haben wir auch sehr viel festgehalten: auf Videofilmen und auf sicherlich insgesamt 5000 Fotos.

Zu 2, Reiseleitung, Dolmetscher:

Ohne unseren Reiseleiter Herrn Shimokawa und unseren Dolmetscher Herrn Sakamoto wären wir nicht nur aufgeschmissen gewesen und wären sicherlich niemals pünktlich oder überhaupt an unserem Ziel angekommen, wir hätten auch nur einen Bruchteil dessen erlebt und erfahren, was wir nun als Schatz in unserer Erinnerung mit nach Hause nehmen können.

Herr Shimokawa war für uns ein perfekter Organisator, ein sehr guter Lehrer und ein „wandelndes Lexikon”: durch seine ruhige, aber bestimmte Art hat er es geschafft, uns immer wieder „einzufangen” und er war bereit, auf sicherlich 1.000 neugierige Fragen mindestens 1.001 Antworten zu finden. Wir danken ihm sehr dafür.

Herr Sakamoto hat es geschafft, dank seiner Fachkompetenz in allen Fragen der Berufsbildung und Personalentwicklung uns die sicherlich nicht immer einfachen Zusammenhänge klar und deutlich zu übersetzen und sie uns letztendlich auch zu vermitteln. Er war für uns auch der fachliche Berater in allen Fragen zur Berufsbildung und er gab uns Hilfestellung, sobald wir sie benötigten. Dafür unser herzlicher Dank.

Nicht vergessen möchte ich die stille und fast unmerkliche Organisation und Steuerung unserer Gruppe aus dem Hintergrund durch Herr Hachioji und Frau Okubo, die es ermöglichten, jederzeit pünktlich und am richtigen Ort zu erscheinen. Auch ihnen möchten wir dafür danken.

Zu 3, Inhalte:

Die Berufsbildung in Japan ist bekanntlich ganz anders aufgebaut und organisiert als in Deutschland. Beide Systeme haben ihre kulturellen Wurzeln: Deutschland seit dem Mittelalter über Handwerk, Zünfte, Innungen usw., Japan durch die Jahrhunderte alte Tradition des Reisanbaus, die schon immer Teamarbeit, gruppenorientiertes Verhalten und Weitergabe des Wissens von einer Generation zur nächsten erforderte. Beide Länder sind wirtschaftlich gesehen sehr stark und erfolgreich, und beide Länder haben im Laufe der Zeit das Berufsbildungssystem geschaffen, das am besten zu ihrer jeweiligen Gesellschaft paßt. Das schließt nicht aus, dass man trotzdem etwas voneinander lernen kann und muß. Das ist genau die Zielsetzung dieses Fachkräfte-Austauschs, und im Sinne von „Kaizen” haben wir versucht, während dieser Reise durch Japan möglichst viel von der anderen Seite zu lernen.

Die CDG und unser zuständiges Ministerium hatten diese Reise unter das Motto „IT-Ausbildung” gestellt. Dementsprechend wurde die Reise so ausgeschrieben und wurden so die Teilnehmer ausgewählt. Wir haben nun während dieser Reise gelernt, dass in Japan der Begriff „Informations-Technologie” wesentlich weiter gefaßt ist als in Deutschland: während in Deutschland unter IT im wesentlich die Datenverarbeitung verstanden wird, ist in Japan die IT wesentlich weiter gefaßt im Sinne von Informations- und Kommunikations-Technologie (I&K) und schließt Bereiche ein, die bei uns unter allgemeiner Technik laufen, wie z.B. CAD, CAM, Mikroelektronik, numerische Steuerung und Prozeßleittechnik.

Durch die Programmgestaltung seitens der EHDO ist es gelungen, uns auch diese Bereiche der erweiterten IT zugänglich zu machen, wie z.B. beim Advanced Polytechnic Center, im Ability Garden, bei Javada, im Kansai Polytechnic Center und an der EHDO University, aber auch bei den Betriebsbesuchen bei Fujitsu Learning Media, NCC, IBM usw. Wir sind beeindruckt vom hohen Niveau der technischen Ausstattung in allen besuchten Institutionen, insbesondere von den neuen Möglichkeiten des distance learning über Satelliten-Kommunikationswege.

Als problematisch schätzen wir das Hochschulsystem in Japan ein, das uns im Sinne von Effektivität und Wirtschaftlichkeit als sehr ineffizient -bezogen auf Berufsbildung und Berufsvorbereitung - erscheint. Wir sehen die Gefahr, dass Japan wirtschaftlichen Schaden nehmen und seine führende Stellung auf dem Gebiet IT / I&K verlieren könnte, wenn weiterhin doppelt ausgebildet wird: vier Jahre Ausbildung an den Hochschulen ohne konkreten Berufsbezug und weitere zwei bis 4 Jahre betriebliche Ausbildung. Gerade zur jetzigen Zeit, in der in fast allen besuchten Großunternehmen über eine Änderung der Unternehmensphilosophie nachgedacht wird (weg vom Generalisten, hin zum Spezialisten), erscheint uns hier ein Kurswechsel dringend und zwingend notwendig.

Auch bei der EHDO University sollte aus unserer Sicht überlegt werden, wie auf die neuen Herausforderungen zu reagieren ist: wir würden empfehlen, als Studenten an der EHDO University zukünftig nicht mehr Oberschulabgänger zu rekrutieren, sondern Praktiker, die erst nach einer 3 bis 4jährigen betrieblichen Berufsausbildung ihre Hochschulausbildung bekommen - mit Schwerpunkten in Pädagogik, Didaktik und Mangementtechniken, angereichert durch längere Praktika z.B. an Polytechnic Centers, in denen sie ihr Wissen praktisch anwenden und ausprobieren können.

Trotz dieser beiden etwas kritischen Bemerkungen, um die Sie ausdrücklich in Ihrem Begrüßungswort gebeten hatten, können wir sagen, dass das Ziel der Reise, möglichst viel vom japanischen Berufsbildungssystem, insbesondere auf dem IT Sektor, zu lernen, voll erfüllt worden ist. Hierfür danken wir Ihnen sehr.

Zu 4, Deutsch-japanisches IT-Seminar bei JAVADA:

Obwohl wir noch kein offizielles feed back von der japanischen Seite erhalten haben, glauben wir, dass dieses gemeinsame Seminar für beide Seiten sehr fruchtbar war. Diese Einschätzung entnehmen wir den Bemerkungen und Kommentaren, die wir von einigen japanischen Teilnehmern im Anschluß an das Seminar oder bei späteren Treffen erhalten haben. Wir selbst haben durch dieses Seminar im Rahmen der Vorbereitung ebenfalls viel gelernt, aber auch aus den Fragen und der Diskussion im Laufe der Veranstaltung. Besonders viel an neuem und interessantem Wissen konnten wir mitnehmen aus den beiden Vorträgen von Herrn Sato von NTT und Herrn Tsuchiya. Gerade vor dem Hintergrund des gegenseitigen Lernens voneinander schätzen wir dieses Seminar als sehr wertvoll ein und wünschen auch nachfolgenden Gruppen, dass sie an solch einem Seminar teilnehmen können.

Zu 5, Rahmenprogramm:

Besondere Höhepunkte während dieser Reise waren für uns der Besuch beim MOL, die abendliche Empfangsparty am 20.Juni in unserem Hotel, die Einladung zum Abendessen von EHDO in Osaka, die Familienbesuche in Kyoto sowie die Einladung zum Abendessen durch Javada. Wir danken Ihnen sehr herzlich für diese Möglichkeiten, in ungezwungenem Rahmen mit vielen japanischen Kollegen ins Gespräch zu kommen und so noch mehr von der japanischen Kultur kennen zu lernen.

Zu 6, Transport, Hotels:

Die Hotels waren alle sehr gut hoher Qualität und gutem Service. Die Lage der Hotels an verkehrsgünstigen Stellen der Städte ermöglichte es uns, noch aus eigenener Inititiative Teile der Städte zu erkunden.

Der Transport mit U- und S-Bahnen in Tokyo und Kyoto war eine echte Alternative zum Transport mit eigenen Bussen, die durch die Verkehrsdichte und die Staus nicht schneller die Ziele erreicht hätten. So hatten wir eine gute Gelegenheit, auch diesen Aspekt des Alltagslebens der Japaner - teilweise recht hautnah -kennenzulernen. Auch die Transporte in Kyoto wegen des dort nicht so gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrssystems waren für uns ein Erlebnis. Besondere Erlebnisse waren für alle Teilnehmer der Gruppe die Fahrten mit dem sehr schnellen und bequemen Shinkansen-Schnellzug.

Zu 7, Fazit und Dank:

Unsere zweiwöchige Fachinformationsreise durch Japan war sehr gut vorbereitet und organisiert. Das Programm war gut ausgewogen und die besuchten Institutionen und Betriebe waren immer gut auf unseren Besuch vorbereitet. Die Vorträge und Präsentationen fanden auf einem qualitativ hohen Niveau statt, wobei die Firmenpräsentationen durch Videofilme und Vorträge an der einen oder anderen Stelle zugunsten der fachlichen Themen (IT-Ausbildung) etwas kürzer gefaßt sein könnten.

Durch unsere persönlich stark engagierten und sehr fachkompetenten Reiseleiter und Dolmetscher können wir einen sehr großen Erkenntnisgewinn über die Berufsbildung im allgemeinen sowie der speziellen IT-Aus- und Fortbildung verzeichnen sowie unendlich viele und unvergeßliche kulturelle Eindrücke mit nach Hause nehmen.

Im Namen der ganzen Gruppe danke ich Ihnen allen mit vollem Herzen: den Verantwortlichen für dieses Programm, den Planern, den Organisatoren, den Beteiligten in Institutionen und Betrieben. Bitte geben Sie diesen Dank auch an jene weiter, die heute und hier nicht anwesend sind.

Domo arigato und sayonara.
Herzlichen Dank und Auf Wiedersehen.

Vorgetragen von Dr. Gerhard Lapke in Yokohama, 29. Juni 2000


[Homepage]   [Teilnehmer]   [Reiseziele]   [Beiträge]   [Hyperlinks]
Copyright © 2000 Dr. Gerhard Lapke